Ein Mensch, verbittert und von höchster Intelligenz, erklärt seine Unabhängigkeit vom Lauf der Dinge. Sein übersteigertes, feinnerviges Bewusstsein vom Zustand der Welt hat ihn zum Untätigen werden lassen. Verzweifelt, komisch, schmerzhaft und voller Widersprüche erkennen wir in ihm einen Repräsentanten unserer Zeit. Nina Hoss steigt in den Gedankenfluss von Dostojewskis psychologischen Meisterwerk ein und folgt den kreisenden und hakenschlagenden Sätzen in die Tiefen seines humanen Pessimismus. Wie kaum ein anderer Schriftsteller hat Fjodor Dostojewski die Not des Menschen, seine vergebliche Suche nach sich selbst beschrieben. Gleich zweimal begegnen wir diesem Autor im diesjährigen Festival: in der Vorlage für Leoš Janáčeks Oper Aus einem Totenhaus und in dieser frühen Erzählung, die die Hauptphase seines Schaffens einläutet und in der sich der ganze philosophische Problemhorizont seiner fünf großen Romane bereits ankündigt.
Fjodor Dostojewskis Modernität findet sich in den wesentlichen Fragen, die er stellt: nach der Freiheit des Menschen, nach Erkenntnis, nach dem Leben, dem Tod, dem Wesen des Schönen, der Möglichkeit des Glaubens, dem Vertrauen auf den Fortschritt, durch welches sich mit der Hoffnung verbindet, der Mensch begänne gut zu handeln, wenn er über seine wahren Interessen aufgeklärt sei. Letzteres bezweifelt die erzählende Figur vehement, sie ringt um Wahrhaftigkeit, leuchtet hinein in unser Unbewusstes und beweist sich schließlich ihren freien Willen dadurch, dass sie sich für das Widersinnige, Unvernünftige, womöglich Zerstörerische entscheidet.
Das Publikum ist eingeladen, sich in der Mischanlage Essen Schritt für Schritt den Weg in das »Kellerloch« zu bahnen, sich von der Soundcollage Alex Silvas führen zu lassen, um schließlich bei Tee und Wodka dem furiosen Monolog beizuwohnen. Ein moralisch-literarisches Intensitätserlebnis sondergleichen.
Eine Produktion der Ruhrtriennale.