Mein Bruder hat mir das Buch geschenkt. Ich habe es inzwischen sehr oft selbst verschenkt und finde es eines der besten Bücher, die ich in den letzten Jahren gelesen habe.
Tage ohne Ende ist ein Western. Ich hatte nie eine besondere Affinität zu Western.
In diesem Fall war es anders. Das Buch ist brutal, aber nicht ausschließlich. Es gibt auch Liebe, viel sogar. Eine Art queerer Western, bei dem es um Bürgerkrieg geht, um Gewalt und Genozid und Männlichkeit und Crossdressing. Weil es so viel um Tod geht, geht es auch so viel ums Überleben.
Beiläufig und in einer unerhörten Selbstverständlichkeit wird vom Ich-Erzähler sein Leben als Soldat, als Mann und sein Leben als Frau in Zeiten des Krieges beschrieben. Seine Liebe zu seinem Freund und zu der gemeinsamen Adoptivtochter Wiona.
Die Sprache hat etwas Berichthaftes und ist auf eine merkwürdige Weise nüchtern und poetisch zugleich.
Der junge Ich-Erzähler nimmt sich selbst überhaupt nicht wichtig.
Ich kenne nicht viele Bücher, denen es gelingt, so wie hier, das Unlesbare lesbar zu machen.
Ich habe den Roman vor drei Jahren gelesen. Inzwischen haben wir einen Krieg in Europa.
Der Horror ist nicht Geschichte.
Bettina Meyer, Zürich, 18. März 2023