Ich habe im Winter mein zweites Kind bekommen und seitdem kein einziges Buch mehr gelesen. Zu müde. Aber das wird jetzt grade besser. In den letzten Tagen habe ich angefangen Die Krume Brot, von Lukas Bärfuss zu lesen. Ich lese meistens in ganz unbesinnlichen Momenten, wie im vollen Bus zum Kindergarten, oder mal drei Minuten an einer Tramhaltestelle mit meiner Tochter im Trageteil, dabei wippend - und trotzdem bin ich sofort - ja, geradezu hineingestürzt in das Buch und musste schon auf der ersten Seite weinen. Wie ein Strom bricht die Geschichte los. Ganze Jahre fliegen in ein paar Sätzen an einem vorbei. Wie in einem Atem erzählt. Und dennoch erlebt man die vielen kleinen dramatischen und tragischen und komischen Teilchen der Figuren so schmerzlich nah, dass sich mein Herz verkrumpelt. Puh. Es ist herrlich wieder zu lesen. 

Anna Drexler, 5. Juni 2023