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Ulla Hahn: stille trommeln | © Lucas Niggli
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Ulla Hahn: stille trommeln |

Per Zufall bin ich auf diese wunderbare Gedichtsammlung von Ulla Hahn gestossen. Der Titel hat mich fasziniert und angeregt. Als Schlagzeuger in einer endlos wirkenden Fermate still weiter zu trommeln ist eine polymetrische Herausforderung!

Essenz in wenigen Worten, mitreissende Grooves in leichten Beats, knappe Schönheit versus »too much is not enough«, zarte Wirbel wie Silberfäden, ein absichtsloser und doch mächtiger Rimshot... egal welche Seite ich aufschlage in Ulla Hahns Wohnzimmer der intimen Rätsel und eingedampften Universen, ich setze mich gern in die Ecke und lasse mich von ihr verzaubern, manchmal nur von einer Zeile gar; «ich leck dir den Lärm aus den Ohren», «Spüren wie es mich aufspürt».

Fokussieren, eintauchen, grosse (dicke) Bücher lesen, besser dem viralen Newsflow widerstehen, ohne wischen und zappen und scrollen, nur darüberfliegen... doch eher lange Spaziergänge machen, oder noch besser Weitwandern, zweidreimal den gleichen Gedanken drehen und doch wendig bleiben, wenn der Würgegriff der Pandemie nachlässt. Und dann dies: ein wahrhaft stimulierendes Werkzeug zur täglichen Übung dem Ephemeren etwas Eindringliches abzugewinnen.

Und immer wieder eine subtile Einführung zu neuen Gefühlen und Gedanken, die es bis zur Pandemie in meinem Leben so nicht gegeben hat:

Älterwerden
Für J.K.
In der Sonne sitzen   nichts tun 
abwarten   sich wärmen lassen
reif werden wie der Apfel im Baum
der Pflücker wird keinen vergessen.

(Seite 83)

Lucas Niggli, April 2021
Schlagzeug D • I • E