© Aljoscha Begrich

Vor über einem Jahr empfahlen mir Rolf und Heidi Abderhalden von Mapa Teatro die Lektüre von Clarice Lispector. Ich hatte diesen Namen vorher nie gehört, versuchte das Buch zu besorgen, doch es war weder im Handel noch antiquarisch verfügbar, weder in Berliner noch Bochumer Bibliotheken greifbar. Ich vergaß das Buch bis plötzlich eine Mail mich erreichte: »Sie interessierten sich für folgendes Buch. Jetzt verfügbar.« Ich holte es ab und fraß mich sofort durch die Novelle, die sich als Trip zwischen Faszination und Tortur herausstellte. Ich dachte die ganze Zeit: Wie kann es sein, daß ich es nicht kenne? Wie kann es sein, dass keiner von dieser Autorin spricht? Lispector wurde 1920 in der ukrainischen Sowjetrepublik geboren, floh vor Progromen nach Rumänien, später in den bitterarmen Nordosten Brasiliens  und schrieb1964 in Rio de Janeiro diesen Konzeptroman Die Passion nach H.G.. In 33 Kapiteln, die jeweils mit dem letzten Satz des vorherigen beginnen, beschreibt sie die Gedanken und Gefühle einer Frau, die nicht anders kann als eine eingequetschte Kakerlake anzustarren um daran sich, die Stadt, die Welt und das Leben zu befragen. Existenzialismus meets Cohabitation. 

Aljoscha Begrich, im Zug von Murcia nach Barcelona, 24. April 2022