In der dokumentarischen Stückentwicklung Paisajes para no colorear / Nicht auszumalende Landschaften kämpfen neun junge Darsteller:innen aus Chile gegen die Gefahren, die das Frausein mit sich bringt, und gegen die gesellschaftliche Ignoranz gegenüber Jugendlichen. Die Arbeit an dem Stück hat das Leben der jungen Performer:innen verändert.

Anne Britting, Dramaturgin der Jungen Triennale, hat ihnen Fragen zu dem Projekt geschickt und aus einer Auswahl ihrer Antworten diese Interviewcollage zusammengestellt.

Ein Glossar liefert Erklärungen zu den hervorgehobenen Begriffen.

Matilde Morgado in Paisajes para no colorear | © Nicolás Calderón
Auf die Bühne zu gehen und für alle Frauen, Heranwachsenden und kleinen Mädchen zu sprechen, die so viele Ungerechtigkeit erlebt haben und noch erleben, zu erkennen, dass wir nicht alleine sind, dass wir Einstellungen verändern können… das ist wirklich ein Traum, aus dem ich nie erwachen möchte. Angelina Isabella Miglietta Escobar, Darstellerin in »Paisajes para no colorear«

1. Wie habt ihr das Stück entwickelt?

IGNACIA ATENAS Improvisationen, Recherchen über FEMIZIDE, viel biografische Arbeit und eine Reihe weiterer Aufgaben bildeten die Grundlage für das Stück.

FREDDERICK VÁSQUEZ Paisajes entstand in einem kollektiven Prozess: Wir alle probierten die Szenen durch, um jeweils etwas dazu beizutragen und besprachen uns dann mehrfach, um zu sehen, wie wir damit zurechtkommen und so.

ANGELINA MIGLIETTA Es war ein ausgesprochen wunderbarer Prozess, so frei und einmalig, wie ich es noch nie erlebt habe. Wir stellten uns vielen Improvisationen, in denen wir darüber sprachen, was uns ärgert, gefällt und traurig stimmt oder die von Situationen handelten, die wir nirgendwo sonst besprechen konnten. Daraus ist das Stück entstanden.

Nie hat eine Gruppe Erwachsener uns so lange zugehört, ohne dass wir unterbrochen wurden. Auszug aus »Paisajes para no colorear«

2. Was bedeutet es für dich, mit Paisajes para no colorear auf der Bühne zu stehen und wie hat dich die Arbeit an dem Stück verändert?

FREDDERICK Herausschreien zu können, was wir fühlen, was für uns wichtig ist, einen Raum zu bekommen, in dem wir als Jugendliche endlich wahrgenommen werden und uns äußern dürfen.

Die Arbeit an dem Stück hat mir eine offenere Perspektive auf die Welt gegeben, mich für bestimmte Dinge aufgeschlossener gemacht und es mir ermöglicht, offener mit mir und anderen umzugehen. Dass wir unsere Botschaft in die Welt tragen können vor verschiedenen Arten von Publikum, hat einen ganz großen Zauber.

ANGELINA Auf die Bühne zu gehen und für alle Frauen, Heranwachsenden und kleinen Mädchen zu sprechen, die so viele Ungerechtigkeit erlebt haben und noch erleben, zu erkennen, dass wir nicht alleine sind, dass wir Einstellungen verändern können…das ist wirklich ein Traum, aus dem ich nie erwachen möchte.

Es hat mir die nötigen Werkzeuge gegeben, für die Ideale einzutreten, die mich wirklich ausmachen und die vorurteilsbeladenen Haltungen abzulegen, die mein Umfeld mich angetrieben hat, zu glauben. Heute bin ich sehr stolz auf alles, was ich gelernt habe und darauf, dass ich nun meiner Umgebung etwas beibringen und sie zum Positiven verändern kann.

DANIELA LÓPEZ Es ist unser Kampf. Ich spüre viel Stolz und gleichzeitig die große Verantwortung, für viele junge Menschen zu stehen, die sich von dem Stück angesprochen fühlen, weil sie oftmals ähnliche Situationen erlebt haben, wie wir sie auf der Bühne zeigen.

Nach der Arbeit an dem Stück hat sich, glaube ich, meine Sicht auf die Welt geöffnet. Andere Wirklichkeiten, andere Verhältnisse kennenzulernen, in denen andere Jugendliche leben oder gelebt haben und zu wissen, dass einige davon die gleiche Gewalt erfahren haben wie ich, lässt mich als Person wachsen und gibt mir das Gefühl, begleitet zu werden.

Das Stück in andere Teile der Welt zu tragen und zu erkennen, dass es auch dort mit seinen Themen ankommt und Mitgefühl erweckt, erfüllt mich mit Sinn. Und ich merke, dass wir alle miteinander das gleiche erleben und dass Kämpfe und Themen wie diese im Theater gezeigt werden müssen, um Menschen zu treffen und sie zu Identifikation und Veränderung anzuregen.

CONSTANZA POLONI Das Stück hat für mich Erleichterung bedeutet und mir schlagartig die Augen geöffnet: Ich schaute mich um und sah, wie Millionen Menschen das gleiche erleiden. Ich habe die Schwesterlichkeit kennengelernt, den FEMINISMUS. Auch habe ich mich im Theater selbst verstanden wie nie zuvor. Ich habe die Wichtigkeit des Theaters für Kritik und Wandel erkannt und seine Funktion als grenzenloses Werkzeug.

IGNACIA Ich habe viel über Gender, Sexualität, gesellschaftliche Veränderungen, GENDERBASIERTE GEWALT und tausend Sachen mehr gelernt. Während ich mich selbst veränderte, veränderten sich auch meine Familie und mein enger Freundeskreis, denn ich habe sie informiert und dadurch manche Haltung verändert, die heute wirklich nicht mehr »cool« ist. 

Für mich ist es eine Ehre, auf der Bühne stehen zu können, um ein so wichtiges Thema wie die genderbasierte Gewalt und die Lebenswirklichkeit von Jugendlichen in der heutigen Welt sichtbar zu machen. Eine Verantwortung, weil du ja versuchst, tausende Generationsgenossinnen zu vertreten und das bestmöglich. Und es ist ein riesiges Glücksgefühl, weil es nichts Schöneres gibt, als auf die Bühne zu kommen, zu spielen und die Reaktionen des Publikums zu spüren, während man eine Botschaft wie diese verbreitet.

ALMENDRA MENICHETTI Dieses Stück hat mir geholfen, meine ganzen Ängste auszugraben, meinen ganzen Hunger und meinen Wunsch, die Wut rauszulassen, für mich und alle meine Mitstreiterinnen.

Als Frau geboren zu sein, macht mich stark und kämpferisch und lässt mich mit allen fühlen, die vom System unterdrückt werden. Daniela López Quintero, Darstellerin in »Paisajes para no colorear«

3. Was ist für dich der wichtigste Satz oder Moment in Paisajes para no colorear?

CONSTANZA Für mich steht unvermeidlich der Tod von Lizette Villa im Vordergrund. Neben dem Gefühl der Verzweiflung, jemanden zu verlieren, erlebe ich den Schmerz des Unrechts und der Schutzlosigkeit.

DANIELA Ich glaube, einer der wichtigsten Momente in dem Stück ist, als Sofia, die aufblasbare Puppe, Selbstmord begeht. Denn für mich ist das ein Beispiel dafür, wie eine PATRIACHALE und ADULTOZENTRISCHE GESELLSCHAFT, die die Jugendlichen verdinglicht und vergewaltigt, unser Leben zugrunde richten kann. Jugendsuizid ist in unserem Land und in aller Welt ein drängendes Thema. Und niemand hat sich dieser Situation angenommen, um diesen jungen Menschen wirklich zu helfen, ihnen zuzuhören und sie so zu unterstützen, wie sie es brauchen.

ANGELINA Der bewegendste Teil des Stücks ist für mich der Schluss, wo wir uns an den Händen fassen und dankbar sind, dass die Erwachsenen uns endlich zuhören, ohne dass wir unterbrochen werden und wir ihnen klarmachen, dass wir viel zu besprechen, mitzureden und zu erkämpfen haben, dass wir selbst über unsere Körper verfügen und nie wieder Angst haben werden. 

IGNACIA Ein wichtiger Satz in dieser Szene lautet: »Nie hat eine Gruppe Erwachsener uns so lange zugehört, ohne dass wir unterbrochen wurden«. Dieser Satz benennt den in der Welt herrschenden ADULTOZENTRISMUS und wie wir Teenager-Mädchen ständig zum Schweigen gebracht werden, weil wir angeblich »weniger wissen«.

ALMENDRA Die Sätze, die immer in mir nachhallen und von denen ich eine Gänsehaut bekomme: »[…] Stolz werden wir sein, wenn wir unseren Kindern, Enkelkindern oder nachfolgenden Generationen erzählen, dass wir mit dreizehn, fünfzehn, sechzehn Jahren ein Bewusstsein entwickelten und auf die Straße gingen, dass wir unsere Schulen für uns eroberten. So verkünden wir die Souveränität unserer Körper, verteidigen die Freiheit unserer Schritte und stürzen dieses System, das das weibliche Geschlecht aus den Geschichtsbüchern und der Literatur ausradiert.«

Nie werde ich mich daran gewöhnen, dass man mich herabwürdigt, weil ich eine Frau bin. Constanza Francesca Poloni, Darstellerin in »Paisajes para no colorear«

4. Was bedeutet es für dich, als Frau geboren zu sein?

ALMENDRA Seit ich mich erinnern kann, bedeutete es, zu träumen: Vom Prinzen, von der Liebe, von einer Wunschvorstellung, von Schlössern, von einer Familie. Es hat bedeutet, mich tausend und einmal zu verlieben und immer ignoriert zu werden, es hat bedeutet, als ich größer wurde, allmählich zu erkennen, dass ich nicht in den Rahmen passte, nicht »hübsch«, nicht »groß« genug war, und ich begann zu leiden. Dann bedeutete es, Angst zu haben, Zweifel, Unsicherheiten bezüglich meines Körpers und der Welt. Angst, allein aus dem Haus zu gehen, Angst vor Sexualität, Angst vor mir selbst, weil ich Sachen wollte, die »nichts für Mädchen« sind. 

Heute bedeutet es, eine sehr intellektuelle Person zu sein, die nach der »Wahrheit« sucht und hunderte von Fragen hat, die versucht, sich zu lieben und sich sehr mit dem FEMINISMUS identifiziert, um keine Angst zu haben, wenn das eigene Kind ein Mädchen wird und nicht nach jedem Hupen oder Pfeifen eines Fremden zu springen. Als Frau geboren zu sein, bedeutet für mich vor allem Widerstand.

ANGELINA Jede MACHISTISCHE Situation, die eine Gefährtin erlebt, geht uns genauso an, denn bedauerlicherweise sind wir alle auf irgendeine Weise Opfer dieser Gesellschaft. Aber ich bin glücklich, zu sein, wer ich bin, freue mich, eine Frau zu sein, denn ja, ich bin hysterisch, verrückt, intensiv, bipolar, emotional, intelligent, kraftvoll dank der Lehren meiner Lehrerinnen, Großmütter, Mutter, Schwestern, Nichten und Freundinnen. In dieser Umgebung fühle ich mich sicher und möchte von ihnen allen jeden Tag mehr lernen.

DANIELA Als Frau geboren zu sein, macht mich stark und kämpferisch und lässt mich mit allen fühlen, die vom System unterdrückt werden. Es bedeutet, mich mit den Frauen um mich herum zu vereinigen und schwesterlich zu sein, uns wechselseitig zu begleiten gegen das PATRIARCHAT. Frau zu sein bedeutet für mich, die Geschichte tausender Frauen zu tragen, denen das System Gewalt angetan hat und die gegen dieses System gekämpft haben, denn dank ihnen kann ich heute wählen, mich bilden und arbeiten. Frau zu sein, heißt bereits als Kämpferin und Widerständlerin geboren zu sein allein aufgrund der Tatsache, in einer Gesellschaft zu leben, die gegen uns ist.

FREDDERICK Das ist bei mir etwas kompliziert, weil ich ein TRANSGENDER JUNGE bin und es für mich schon immer ein ständiger Gefühlskonflikt war, in einem biologisch weiblichen Körper geboren zu sein. Wegen der MACHISTISCHEN GESELLSCHAFT, in der wir leben, sah ich mich in meinem biologischen Geschlecht genauso verletzt wie in meiner Genderzugehörigkeit.

CONSTANZA Es bedeutet eine Herausforderung, bedeutet Courage und Widerstand. Frau zu sein ist auch eine einmalige Welt, eine einmalige Art des Mitfühlens.

IGNACIA Manchmal wäre es auch nett, ein Mann zu sein, damit du nicht dafür kritisiert wirst, wie du dich anziehst, hinsetzt oder epilierst – oder einfach, um abends angstfrei auf die Straße gehen zu können. Aber um nichts in der Welt würde ich mein Frausein eintauschen.

Um nichts in der Welt würde ich mein Frausein eintauschen. Ignacia Atenas, Darstellerin in »Paisajes para no colorear«

5. Was willst du auf keinen Fall verlernen oder vergessen beim Erwachsenwerden?

FREDDERICK Wer ich bin, was mich motiviert, die Dinge, für die ich kämpfen möchte. Alles, was mich jetzt gerade ausmacht, hoffe ich nie zu verlieren.

DANIELA Ich glaube, ich möchte nie den Drang zur Veränderung verlieren, den Drang, mich zu regen, wenn etwas mich stört, ungerecht ist oder jemandem schadet. Ich sehe mich in der Zukunft immer als eine Person, die den Mund aufmacht, die für das kämpft, was sie für gerecht hält und die ständig in Bewegung ist. Zu jungen Menschen gehört, denke ich, auch das intensive Empfinden und dass sie ihre Gefühle nicht verstecken. Auch das möchte ich nicht verlieren, denn ich spüre, dass es in der Erwachsenenwelt oft nicht erlaubt ist, zu fühlen und es offen zu äußern.

ALMENDRA Ich will nie aus den Augen verlieren, dass man immer kämpfen, für das Gerechte eintreten muss und das Wunschdenken, eine neue Welt zu erschaffen, niemals aufgeben darf. Ich will nie vergessen, dass ich, wenn ich Kinder haben sollte, ihnen wirklich zuhören muss – vor allem in ihrer Jugend, wenn sie Zweifel haben – und ich werde ihnen sagen, dass sie frei sein können. 

IGNACIA Dass eine Person nicht, weil sie minderjährig ist, weniger weiß oder ihre Meinung unmaßgeblich ist. Dass die Heranwachsenden einen großen Wandel in der Gesellschaft bewirken können und man sie nicht zum Schweigen bringen darf. 

ANGELINA Ich möchte meine Ideale weiter übermitteln und an sie glauben, bis eine bessere Welt erreicht ist. Und mir natürlich den Glauben an die Jugend bewahren als Weg des Fortschritts. Denn wir und die kommenden Generationen werden es sein, die den Wandel vorantreiben, um eine gerechtere Gesellschaft herbeizuführen. Wir bringen alle Themen auf den Tisch, die uns wichtig sind, und hören auf zu schweigen, wie unsere Großeltern und Eltern es taten.

CONSTANZA Die Fantasie – die Dekonstruktion der Wirklichkeit – in der Gruppe zu schaffen und sich gegenseitig zu unterstützen. Ebenso die Geltung der jungen Stimmen, die Bedeutung der Kindheit und der Feminismus als Weg.

 

6. An was auf dieser Welt wirst du dich niemals gewöhnen?

CONSTANZA Nie werde ich mich an den Machismo gewöhnen, nie werde ich mich daran gewöhnen, dass man mich herabwürdigt, weil ich eine Frau bin, auch nicht an sexistische Kommentare. Ebenso wenig werde ich mich daran gewöhnen, Unsicherheit zu fühlen.

IGNACIA Neben dem Machismo und der patriarchalen Gesellschaft, dem Kapitalismus und der Straflosigkeit [von Verbrechen, Anm. d. Red.] in der Welt und besonders in Chile, werde ich niemals verstehen, dass ich täglich erfahren muss, dass eine Frau starb, nur weil sie eine Frau ist. Und dass das System täglich die Menschen ausbeutet und diese gar kein Leben mehr haben.

DANIELA Ich werde mich nie an das Patriarchat und den Hass auf die LGBTIQ+ COMMUNITY gewöhnen. Ich kann nicht hinnehmen, dass Menschen immer noch nur wegen ihres Geschlechts oder ihrer sexuellen Orientierung Hass erfahren und jedes Mal, wenn mir so etwas begegnet, versuche ich etwas dagegen zu tun, weil es mich verletzt, wütend macht und mich zugleich antreibt zu handeln.

ANGELINA Nie werde ich mich an Gewalt und fehlendes Mitgefühl gewöhnen. Der Weg der Veränderung beruht auf Liebe und Achtung. Nun ist es genug mit den Waffen, genug mit der Angst, die sie uns eingejagt haben, wenn wir unsere Stimme erhoben haben, es ist an der Zeit, dass sie uns zuhören und ein Dialog entsteht. Wir werden keinen einzigen Tod mehr dulden. Wir sind Personen, keine Nummern, und von jetzt an heißt das: »Nie wieder ohne uns«.

FREDDERICK Ungerechtigkeit und Zurücksetzung sind etwas, was ich nicht ertragen kann. Von früh an bekam ich beigebracht, mich gegen Unrecht zu wehren und nicht zuzulassen, dass meine Rechte verletzt werden und ich hoffe, es so beizubehalten.

ALMENDRA Um mich herum beobachte ich andauernd Ungerechtigkeiten – das ist, was ich am meisten hasse. Aber auch an Gewalt und Armut werde ich mich nicht gewöhnen, weil ich überzeugt bin, dass sie zu nichts Gutem dienen, sondern einer gesellschaftlich und kulturell erlernten Vorstellung entsprechen, wonach einige privilegiert sind und andere einfach unsichtbar gemacht werden. Ich halte das für ein Unheil, das uns daran hindert, uns zu einer mitfühlenderen Welt hin zu entwickeln.

Nie werde ich mich daran gewöhnen, dass man mich herabwürdigt, weil ich eine Frau bin. Constanza Francesca Poloni, Darstellerin in »Paisajes para no colorear«

GLOSSAR
 

Adultozentrismus, adultozentrische Gesellschaft

Adult heißt erwachsen. Adultozentrismus bedeutet also, dass Erwachsene der Mittelpunkt einer gesellschaftlichen Ordnung sind, ihre Bedürfnisse an erster Stelle stehen und sie bestimmen dürfen, auch über Sachen, die Kinder und Jugendliche betreffen.

Feminismus, feministisch

Feminismus fordert, dass traditionelle Unterdrückung und Benachteiligung aufgrund des Geschlechts beendet werden – alle Menschen sollen die gleichen Rechte und Pflichten, Möglichkeiten und Chancen haben und die gleiche Anerkennung bekommen, egal ob Frau, Mann oder divers. Feminist:innen setzen sich z. B. dafür ein, dass Frauen gleich viel Geld verdienen – Jobs, die mehr Frauen als Männer machen, werden oft schlechter bezahlt. Sie fordern eine gleichmäßige Aufteilung unbezahlter Arbeiten auf Frauen und Männer (z. B. Hausarbeit, Kinderbetreuung). Macht soll gerecht verteilt werden, denn bis heute sind Führungspositionen und Parlamente, in denen wichtige Entscheidungen getroffen werden, mit mehr Männern als Frauen besetzt. Alle Menschen sollen sich frei bewegen können und keine Angst vor Beleidigungen oder Übergriffen haben müssen.

Femizid

Der Mord an einer Frau oder einem Mädchen aufgrund ihres Geschlechts heißt Femizid, es ist eine Form genderbasierter Gewalt.

Gender, genderbasierte Gewalt

Im Englischen gibt es zwei Wörter, die beide »Geschlecht« heißen: »gender« und »sex«. Gender ist dabei der soziale Aspekt von Geschlecht. Es beschreibt die Rolle in und die Erwartungen von der Gesellschaft an eine Person aufgrund ihres Geschlechts und das gefühlte und gelebte Geschlecht. »Sex« dagegen wird für das biologische Geschlecht (körperliche Geschlechtsmerkmale) verwendet. Weil es im Deutschen nur ein Wort gibt, das beides beschreibt – Geschlecht – verwendet man auch im Deutschen »gender«, wenn nur der soziale Aspekt von Geschlecht gemeint ist.

Genderbasierte Gewalt ist, wenn eine Person aufgrund ihres Geschlechts Opfer von Gewalt wird. Diese Gewalt ist Folge von sozialen Machtstrukturen. Frauen werden sehr viel häufiger als Männer Opfer von genderbasierten Gewalttaten.

LGBTIQ+ Community

Steht für die Gemeinschaft von:

Lesbians – lesbischen Menschen

Gays – schwulen Menschen

Bisexuals – bisexuellen Menschen: Sie lieben sowohl Menschen des gleichen, als auch des anderen Geschlechts.

Transgender – Menschen, die sich nicht ihrem biologischen Geschlecht zugehörig fühlen oder weder als Mädchen/Frau noch als Junge/Mann.

Intersex – Menschen, die geschlechtliche Körpermerkmale von Frauen und Männern haben. 

Queers – allen Menschen, die jenseits der heterosexuellen und/oder zweigeschlechtlichen Norm leben und lieben.

+ steht für alle Menschen, die sich von den schon genannten Geschlechtsidentitäten und/oder sexuellen Orientierungen nicht gemeint fühlen.

Machismo, machistische Gesellschaft

Das im Deutschen verwendete Wort Macho kommt von dem spanischen Begriff Machismo. Der Duden definiert Machismo als »übersteigertes Gefühl männlicher Überlegenheit und Vitalität«. Machismo äußert sich in einer Art Männlichkeitswahn und damit einhergehend einem abwertenden Umgang mit Frauen, z. B. durch herabwürdigende Sprüche oder wenn Männer glauben, das Recht zu haben, über Frauen bestimmen zu können.

Eine machistische Gesellschaft ist stark von traditionellen Rollenbildern geprägt. Die Vorherrschaft von Männern ist scheinbar selbstverständlich, abwertendes Verhalten gegenüber Frauen alltäglich und geduldet.

Patriarchat, patriarchale Gesellschaft

Im Patriarchat ist das Zusammenleben geprägt, kontrolliert und repräsentiert von Männern. Eine patriarchale Gesellschaft ist so strukturiert, dass Männer eine Vormachtstellung gegenüber Frauen und Kindern haben z. B. im Staat/der Politik, in sozialen Beziehungen und in der Familie.

Transgender, transgender Junge

Zu Transgender siehe LGBTIQ+

Ein transgender Junge ist ein Junge, dem bei der Geburt aufgrund biologischer Merkmale das Geschlecht »weiblich« zugeordnet wurde.

Ignacia Atenas 16 Jahre, interessiert sich für Politik, die Welt und Feminismus. Ihr Traum ist es, Präsidentin von Chile zu werden. Ihre Leidenschaften sind rhythmische Sportgymnastik – wo sie zu den Besten in Chile gehört – und Theater. Paisajes para no colorear ist das erste Stück, an dem sie mitwirkte.

Daniela López Quintero 18 Jahre, ist eine junge Feministin, Aktivistin, Veganerin, Schauspielstudentin und bisexuell. Seit ihrer Kindheit nimmt sie an verschiedenen Theaterprojekten teil. Mit 15 Jahren wurde sie Teil der Besetzung von Paisajes para no colorear.

Almendra Menichetti ist eine 19-jährige Frau, die die Kunst in all ihren Ausdrucksformen liebt. Seit ihrem zwölften Lebensjahr wirkt sie an Theater- und Filmprojekten mit. Mit der Teilnahme an Paisajes para no colorear fand sie einen politischen und feministischen Raum, den sie Tag für Tag weiterentwickelt.

Angelina Isabella Miglietta Escobar ist 17 Jahre und die jüngste Tochter einer konservativen Familie. Sie ist extrovertiert, rastlos und unkonzentriert und hat sich schon immer für Theater interessiert. Paisajes para no colorear eröffnete ihr eine neue Welt, sie entwickelte sich weiter und hinterfragte die von ihrer Familie auferlegten Werte. Heute ist sie Feministin und Aktivistin.

Constanza Francesca Poloni ist 20 Jahre, besucht seit ihrem achten Lebensjahr Theater-, Tanz- und Kunstworkshops und wirkte an Fernsehserien, Kurzfilmen und Schultheaterstücken mit. Mit 16 Jahren kam sie zu Paisajes para no colorear. Seitdem sieht sie sich als Feministin, Aktivistin und Förderin von gesellschaftlichem Fortschritt.

Fredderick Undomiel Vasquez Petrone ist ein 16-jähriger transgender Junge. Er wusste nie viel über sich selbst, aber es war ihm immer klar, dass er von der Kunst leben will, dass dort sein Platz ist. Zusammen mit dem wunderbaren Team von Paisajes para no colorear ist dieser Traum Wirklichkeit geworden.

 

Textcollage: Anne Britting 

Übersetzung aus dem Spanischen: Stefan Barmann