Amanda Piña widmet sich in Exótica vergessenen Künstler:innen, die in Europa zu Beginn des Zwanzigsten Jahrhunderts als »fremd« gelesen und exotisiert wurden. Trotz ihrer großen Popularität, wurden diese Künstler:innen nicht in den Kanon der Tanzgeschichte aufgenommen und ihnen wurde verhältnismäßig wenig Platz in den Archiven zuerkannt, wodurch es teilweise schwierig ist, ihre Biografien zu rekonstruieren. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit haben wir kleine Portraits von ihnen zusammengestellt, welche hoffentlich Lust machen, ihnen weiter zu folgen. Wir beginnen mit La Sarabia und geben ihr den größten Raum, denn sie ist die Urgroßtante von Amanda Piña – und Amanda weiß einiges aus ihrem Familienarchiven zu erzählen.
La Sarabia
Es gab immer Gerüchte in meiner Familie über meine Urgroßtant Clemencia Piña, La Sarabia. Zumindest hielt ich es für Gerüchte, dass sie zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts eine berühmte Tänzerin in Paris war, dass sie vor dem letzten Russischen Zaren getanzt hatte und dass es sogar eine französische Briefmarke gab, die sie abbildete. Aber dann fanden wir während unserer Recherche über andere Tänzer:innen aus der Zeit so viel Material über meine Urgroßtante in der Französischen Nationalbibliothek. Sie war damals tatsächlich eine berühmte Künstlerin, doch als sie in Marseille starb, ging niemand aus meiner Familie zu ihrer Beerdigung; ich glaube, ihre Tochter, die auch Tänzerin war, begrub sie sogar in einem namenlosen Gemeindegrab. Und das verfolgt mich irgendwie. Was war passiert? Wie kann es sein, dass Du so berühmt bist und ein Land wie Frankreich repräsentierst und am Ende wirst du einfach ausrangiert? War es, weil sie das Land doch nur sehr bedingt repräsentierte und am Ende doch fremd blieb, auch wenn man sie das Gegenteil glauben machen wollte?